Psychokinese-Experimente auf der Basis von Zufallsgeneratoren (Random Number Generator - RNGs) bildeten für lange Jahre ein festes Forschungsparadigma in der Parapsychologie. Sie lösten in den 1970er Jahren die von J.B. Rhine entwickelten PK-Würfelexperimente ab. Ziel war es nun, dass Probanden versuchen, einen von einem RNG generierten Zufallsprozess mittels Psychokinese zu beeinflussen. Die Versuchsreihen erbrachten immer wieder, wenn auch nicht absolut zuverlässig, Ergebnisse, die als Nachweis für die Existenz eines Mikro-PK-Effekts gewertet wurden. Verschiedene Meta-Analysen (z.B. von Radin & Nelson, 1989) schienen den Effekt zu bestätigen. Allerdings blieb die Effektstärke bei dieser Art von Experimenten sehr gering. Die aktuelle Studie des Monats stellt nun eine neue, im Psychological Bulletin veröffentlichte Meta-Analyse der PK-Experimente mit RNGs vor, die aufgrund der Interpretation der Ergebnisse zukünftig sicher häufig zitiert werden wird.
Bösch, Steinkamp und Boller behoben einige methodische Mängel vorangegangener Meta-Analysen, indem sie z.B. genaue Kriterien für die Inklusion und Exklusion von Studien anwendeten, und führten eine neue, umfangreiche Literaturrecherche durch. Als Ergebnis fanden sie einen zwar kleinen, aber signifikanten PK-Effekt, den sie aber aufgrund des ebenfalls entdeckten "small-study effect" und der starken Variabilität der Effektgröße als Resultat eines Publikations-Bias interpretieren. Diese Interpretation blieb nicht unwidersprochen und wurde von Wilson & Shadish sowie von Radin, Nelson, Dobyns und Houtkooper kritisch kommentiert (leider können aus rechtlichen Gründen nur die Abstracts zu diesen Kommentaren zur Verfügung gestellt werden) - interessanterweise mit sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Die Antwort der Autoren des Artikels auf diese beiden Kommentare findet sich hier.
An dieser Studie kommen deutlich die Probleme zum Vorschein, mit denen Meta-Analysen behaftet sind, aber auch die Probleme von experimentellen Studien mit sehr kleinen Effektstärken, auf die Wilson & Shadish in ihrem Kommentar hingewiesen haben. Da die die Ergebnisse der Meta-Analyse ebenfalls zu ganz unterschiedlichen Schlussfolgerungen führte, wäre eine rege Diskussion im Forum der GfA sehr wünschenswert.
(Bei dem Text handelt es sich um die letzte, von den Autoren der Studie beim Psychological Bulletin eingereichte Version des Artikels. Sie weicht in Details von der tatsächlich abgedruckten Version ab. Das betrifft auch die Seitenanzahl.)
Zu dieser Meta-Analyse wurden von Suitbert Ertel und Ulrich Timm Kommentare verfasst, die auf dem XXII. Workshop der Wissenschaftlichen Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie e.V. (WGFP), der vom 3. - 5. November stattfand, vorgetragen und diskutiert worden waren. Die beiden Kommentatoren fassten ihre Argumente in Schriftform und stellten sie mir freundlicherweise zur Verfügung. Sie beinhalten bedenkenswerte Kritikpunkte an der Meta-Analyse, die z.T. die Methode, z.T. die Schlussfolgerungen betreffen, und können die Diskussion anregen.
Suitbert Ertel: Kritischer Kommentar zu einer Meta-Analyse von Bösch, Steinkamp & Boller
Ulrich Timm: Kommentar zu Bösch,H., Steinkamp, F. & Boller, E.
Emil Boller, der Koautor des Artikels ist, hat zu den Beiträgen von Timm und Ertel eine Replik erstellt: