Menschen, die ein UFO beobachtet haben wollen, wird oft unterstellt, sie würden "spinnen" oder seien "verrückt". UFO-Sichtungen werden also in der öffentlichen Diskussionen immer wieder als Illusionen von psychisch gestörten Personen abgetan.
Doch die bisherige empirische Forschung bestätigt dieses Vorurteil nicht: Aus Sicht der klinischen Psychologie sind UFO-Melder in aller Regel völlig "normale" Personen, die nur eine für sie außergewöhnliche Beobachtung gemacht haben. Kontrovers diskutiert wird hingegen die Frage, ob es nicht doch ein bestimmtes - nicht-pathologisches - Profil von Persönlichkeitseigenschaften gibt, das für UFO-Sichter typisch ist.
Einen wesentlichen Erkenntnisfortschritt stellt hier die aktuelle Studie von Dr. Kathryn Gow und ihren Mitarbeitern von der Queensland University in Australien dar, die in diesem Monat diskutiert werden soll.
Die Studie, die Sie hier vollständig als PDF-Datei herunterladen können, trägt den Titel
Sie wurde in der Ausgabe 2/2000 des "European Journal of UFO and Abduction Studies" veröffentlicht - einer von dem englischen Psychologen Craig Roberts herausgegebenen Zeitschrift, die wissenschaftliche Studien zur UFO-Frage publiziert (und die wir zur allgemeinen Beachtung empfehlen).
In der neuen Studie von Gow et al. (2001) wurde das Persönlichkeitsprofil von 43 australischen UFO-Zeugen untersucht (die teilweise sogar behaupteten, in Kontakt mit UFO-Wesen gestanden oder von diesen entführt worden zu sein). Entscheidend ist, dass die Ergebnisse mit einer Kontrollgruppe verglichen wurden. Diese bestand aus 159 repräsentativ aus der australischen Bevölkerung ausgewählten Personen, die noch nie ein UFO gesehen hatten.
Die wichtigsten Resultate der Studie zusammengefasst:
In der Tat sind die UFO-Zeugen - im Vergleich zur Kontrollgruppe - Personen mit einer tendenziell ausgeprägten Fantasie. Allerdings kann diese Fähigkeit oder Neigung zu fantasievollem Denken nicht ursächlich für die UFO-Beobachtungen verantwortlich gemacht werden (zumindest nicht allein), denn es handelt sich um einen "Scheineffekt", der unter Kontrolle des allgemeinen Glaubens an "paranormale" Phänomene verschwindet. Das heisst: UFO-Zeugen tendieren dazu, stärker an "paranormale" Phänomene zu glauben als andere Menschen. Weil aber gleichzeitig Menschen, die an "paranormale" Phänomene glauben, tendenziell kreativer und fantasievoller sind als Menschen, die nichts von solchen Phänomene halten (so das übereinstimmende Ergebnis zahlreicher Studien), sind natürlich auch UFO-Zeugen tendenziell kreativer und fantasievoller als andere Menschen. Die aktuelle Untersuchung von Gow et al. (2001) zeigt zudem, dass UFO-Zeugen dazu tendieren, Gefühle und Intuition stärker zu betonen als "Durchschnittsbürger".
Die Studie von Gow et al. (2001) belegt aber auch, dass der Zusammenhang zwischen dem Glauben an "paranormale" Phänomene und UFO-Sichtungen nicht allgemein gilt: Beispielsweise sind UFO-Zeugen nicht "abergläubischer" als andere Menschen. Sie glauben auch nicht stärker an diejenigen "paranormalen" Phänomene, die die etablierten Religionen traditionell annehmen.
Für die Frage, ob oder welche "objektiven Phänomene" nun hinter UFO-Meldungen stecken, helfen diese Erkenntnisse allein freilich noch nicht weiter. Auf der Basis des aktuellen Forschungsstandes wissen wir bis jetzt nicht, ob die UFO-Zeugen ihren breiteren Glauben an "Paranormales" erst nach der UFO-Sichtung entwickeln (weil sie durch die UFO-Beobachtung die Erfahrung gemacht haben, dass es ungewöhnliche Dinge in der Welt gibt), oder ob Sie diesen Glauben bereits vorher hatten, der dann im Sinne einer Prädisposition ihre UFO-Sichtung begünstigte. Sollte letzteres zutreffen, wissen wir zudem auch noch nicht, ob diese Prädisposition nun dazu führte, dass bekannte Stimuli (wie z.B. Planeten, Heißluftballons, Flugzeuge, Satelliten etc.) irrtümlich als "UFOs" interpretiert wurden, oder ob tatsächlich rätselhafte Phänomene - wenn man so will: "echte" UFOs - nur deshalb von solchen Personen, die grundsätzlich nicht an "Paranormales" glauben, seltener gesehen werden, weil dies ihrem Weltbild stärker zu widersprechen scheint (sie könnten deshalb solche Phänomene zwanghaft wegerklären und vor allem erst gar nicht anderen Personen melden, da sie sich nicht lächerlich machen möchten). Zu all diesen offenen Fragen besteht noch Forschungsbedarf.
Die neue Studie von Gow et al. (2001) hilft uns also nicht weiter, wenn es uns um die Frage gehen sollte, was UFOs "tatsächlich" sind. Sie kann aber einige unzutreffende Mythen, die über UFO-Zeugen und deren psychologische Hintergründe verbreitet sind, richtig stellen.