Vielmehr zeigte sich, dass das Bereitschaftspotenzial durch die Mittelung einzelner Ereignisepochen zustande kommt. Die Befunde dieser Experimente sind inzwischen in drei renommierten Fachzeitschriften publiziert (Frontiers in Human Neuroscience, 2014, Consciousness and Cognition, 2014, Experimental Brain Research, 2013). Zwei dieser Aufsätze können wir als (Doppel-)Studie des Monats zur Verfügung stellen, einen davon in einer Preprint-Version. Erfreulicherweise kann ich noch darauf hinweisen, dass zwei der Autoren Mitglieder in der Gesellschaft für Anomalistik sind.
Studie des Monats
Libet-Experiment und (un-)freier Wille – eine Fehlinterpretation
- Gerhard Mayer
Der Physiologe Benjamin Libet (1916-2007) führte ein berühmt gewordenes Experiment zur zeitlichen Abfolge von neurophysiologischen Maßen, bewusster Handlungsentscheidung und -ausführung durch. Obwohl er selbst vor einer Überinterpretation seiner Befunde warnte, bildete der in solchen Experimenten im EEG entdeckte Anstieg des Bereitschaftspotenzials, der vor der bewusst erlebten Entscheidung entsteht, für viele – auch prominente – Neurowissenschaftler einen starken Hinweis darauf, dass der freie Wille des Menschen eine Illusion sei (siehe beispielsweise der Bericht zum Symposion turmdersinne "Freier Wille – frommer Wunsch?" in der Zeitschrift Skeptiker 4/2004). In den letzten Jahren gab es allerdings zunehmend Kritik an dieser Interpretation. In ausgeklügelten Experimenten ist es nun einem Forscherteam an der Universität Freiburg gelungen, den größten Teil des Anstiegs des Bereitschaftspotenzials als unabhängig von Handlungsentscheidung und -durchführung zu erklären.